Es ist eine konzentrierte Atmosphäre, gepaart mit einem Schuss Nervosität welche da in der Dojo-Luft des „Koryu kan“ im niederländischen Veldhoven liegt. Wir Dan-Prüflinge haben noch wenige Sekunden, darunter Dinah und ich, dann startet die Prüfung.
Die kleine hochkarätige Prüfungskommission nimmt aufmerksam Platz. Erste Kommandos, jetzt geht es los: Aufstellung, Atmung, Konzentration, Kontrolle, Techniken, Wiederholung, noch einmal, Unterbrechung. Wiederholung. Rückfragen, Einzeltechniken, Rückfragen. Was wie, warum jetzt, verlangt wird eine Definition – nur welche? Der Prüfer McCarthy hanshi bohrt nach, will es genau wissen. Erläuterungen, wie, warum, weshalb. „Aha, dass will er wissen, darauf will er hinaus.“ geht es mir durch den Kopf. „Prüfungen sind Ausnahmesituationen. Sie versetzen den Prüfling in eine Situation, die ungeplant, chaotisch und unvorhersehbar ist.“ wird Minuten später Olaf Krey sensei uns als Feedback mitgeben. Irgendwie gewußt, jetzt jedoch wieder klarer. Doch zurück zum Geschehen. Wieder Aufstellung, Namen werden gerufen, Urkunden überreicht. McCarthy hanshi ruft meinen Namen, auf nach vorn, Gruß, Urkunde, Verbeugung, Dank, zurückflitzen in die Reihe, Seiza. Uff.
Fünf Jahre Vorbereitung, davon die vergangenen drei Jahre intensiv, liegen hinter mir. Abgabe der theoretischen Arbeit zur Dan-Prüfung, geschafft. Das geforderte, äußerst umfangreiche, Curriculum geschafft. Doch vor der Dan-Prüfung ist nach der Dan-Prüfung, denn eine theoretische Aufgabe steht mir noch bevor. „Schaffe ich, weiß ich.“ ganz tief in mir bin ich mir sicher. Nach den Jahren der intensiven Vorbereitung weiß ich vieles mehr über mich. Meine Stärken und meine Schwächen, über mein inneres Ich, meine mentale Haltung. Über das Was und das Warum, über Höhen und tiefe Tiefen, über das Aufgeben und das Weitermachen.
Nun werden Fragen kommen wie: „Warum machst Du das? Warum tust Du Dir das an? Was hast Du davon?“
Vor Jahren haben mich diese Fragen verstört. Nun kann ich sie mit Ruhe und großer innerer Gelassenheit beantworten. Die Antwort beinhaltet ein Ja und ein Nein, ein einerseits und ein andererseits. Wie so viele Dinge unserer Welt, die in sich Helligkeit und Dunkelheit, Stärke und Schwäche, hart und weich, Starre und Fluß vereint.
Wozu nun ein Schwarzgurt, was macht man damit, wozu dient er? Im Prinzip zu drei Dingen: 1. Repräsentation (nur Interessant für Web, Social Media und vor Laien); 2. Status abbilden (damit wird mitgeteilt „Ich bin vom Fach.“); 3. Kommunikation (wenn man mit Kampfkunstkollegen und Lehrern aus anderen Ländern und Kulturkreisen zu tun hat. Damit die ohne großes Palaver Dich oder mich einordnen können). Des weiteren verhält es sich wie mit vielen materiellen Dingen: nach ca. 3 bis 4 Monaten hat man sich dran gewöhnt, der Glücksrausch ist vorbei und es wird alltäglich, und damit hat es sich dann auch. Was bleibt ist Arbeit. Viele gehen dann dieser Arbeit aus dem Weg. Sind ja schließlich Schwarzgurte, „Meister“ sozusagen. Blödsinn, sie sind sowas wie ein Facharbeiter oder Geselle – Punkt.
Dinah hält inzwischen ebenfalls ihre Dan-Urkunde für ihre 4. Schwarzgurtprüfung im Koryu-Uchinadi in den Händen. Ich bestehe auf eine Foto von uns beiden. Denn ohne Dinah würde ich heute nicht da stehen wo ich stehe. Dinah ist ein Kampf- und Methodikschatz. Ich bin ihr dankbar für Training und Austausch, für Geduld und für Herausforderung!
(dieser Blogbeitrag ist, in gekürzter Fassung, zuerst auf der Website der Karate-Schule OTOMO veröffentlicht worden)