»Freiheit gibt es nicht im Supermarkt«

Die Stasi machte dieses Foto (und noch einige mehr) 1988/1989 aus einer konspirativen Wohnung in Leipzig. Leipziger Bürgerrechtler fanden es bei der Erstürmung der Leipziger Stasi-Zentrale in einem riesigen Haufen zerrissener Fotos.

Für Thomas Hönel war die DDR eine Diktatur und ein Unrechtsstaat und das alltägliche Leben erschien ihm grau und trist. Zu erkennen, dass dies nicht immer so war, ist ein Prozess, wie er meint. „Die DDR in all ihren Facetten, und damit auch meine eigene Biografie, zu begreifen, diese Entwicklung dauert immer noch an“, meint der heute 46jährige und lehnt sich bei den Erinnerungen an damals zurück.

„Mein Drang nach Freiheit war schon immer groß“, erzählt er und damit meint er nicht, dass es ihm fehlte durch die Welt zu reisen. Nein eher waren es die Fülle und Menge an Reglementierungen die ihn damals störte. „Regeln sind in jeder Gesellschaft wichtig, aber in der DDR waren diese viel zu präsent“, meint er weiter zu seinen Beweggründen sich als einer der Ersten für eine Veränderung einzusetzen. Dies war weit vor 1989. Um genau zu sein bereits 1986. Der damals 19jährige wollte etwas verändern, verbessern, die Missstände nicht einfach so hinnehmen. „Menschen sind überall gleich, sie wollen Sicherheit, Wohlstand, Familie, Freunde, Gesundheit, sie wollen sich entwickeln, Entscheidungen treffen – einfach Leben“, bringt der Familienvater es auf den Punkt. Und begründet damit auch seinen damalige Entscheidung sich in der Umweltgruppe der Kirchgemeinde Zittau zu engagieren.

Schon zu dieser Zeit war bekannt, dass das Engagement dieser Gruppe keineswegs nur auf Umweltprobleme im engeren Sinne begrenzt war, sondern auch Friedens- und Menschenrechtsfragen mit einschloss. „Uns war sehr wohl bewusst, dass dies auch gefährlich war, aber die Risiken hatten wir mit einkalkuliert“, meint Thomas Hönel. Wir, damit meint er unter anderen auch seinen Freund Thomas Pilz und Pfarrer Lothar Alisch. Pilz lernte er auf seinen Reisen durchs Land kennen, welche er als Reisekader der Umweltgruppe unternahm. Zusammen mit anderen begannen sie mit der inhaltlichen Arbeit an der ersten Ausgabe der „Lausitzbotin“. Schließlich schaffen sie es das 22-seitige Heft in den Dezembernächten 1988 zu drucken. 200 Exemplare konnten im Januar 1989 verteilt werden. Eine Aktion die einigen Ärger einbrachte. Aber aufgeben gab es für Thomas Hönel und die anderen nicht.

Geprägt und beeindruckt von den Studentenbewegungen in Peking im Frühjahr 1989, wurde weiter Material gesammelt und Sachsenweit verteilt. „In kompletter Eigeninitiative habe ich Aufkleber mit der Chinesischen Flagge mit Trauerflor verbreitet“, erzählt er. Aber auch Andachten und Friedengebete in der Johanniskirche standen ab sofort auf dem Programm. „Einmal hab ich im Karate-Anzug und Stirnband vor der Kirche getrommelt“, meint er und schmunzelt bei der Erinnerung daran. „Ohne groß nachzudenken, habe ich dies einfach gemacht.“ Und die Menschen fanden es prima. Zu dieser Zeit war dem gelernten Schrift- und Grafikmaler klar: „Lange geht dies nicht mehr mit der DDR“. Es hatte eine Dynamik eingesetzt, die nicht aufzuhalten war. Das „Neue Forum“ wurde gegründet, auch hier war der gebürtige Zittauer dabei, genauso wie bei jeder Demo in Zittau.

Jedoch als sich Tausende aufmachten um über die Botschaft in Prag das Land zu verlassen, war der engagierte Kampfsportler nicht dabei, für ihn stand fest: „Frieden und Freiheit gibt es nicht bei Netto im Angebot“. Und getreu dieser Devise hat er sich immer eingesetzt.
Als dann am 9. November 1989 die Nachricht von der Öffnung der Mauer die Runde machte, wusste Hönel sofort, jetzt ist unser Kampf für eine bessere DDR beendet, die Arbeit für ein besseres Leben in allen Belangen fing aber erst an. Auch in beruflicher und privater Hinsicht. Thomas Hönel hat viel erreicht, sich dies alles aber mit harter Arbeit geschaffen. „Ich liebe Freiheit. Ich will das tun was ich für wichtig und wertvoll erachte, ohne mir dies von anderen vorschreiben zu lassen und ich liege keinem Staat auf der Tasche“, beschreibt er sein Verständnis von Freiheit.

Heute leitet er gemeinsam mit seinem Partner erfolgreich eine Werbeagentur, ist Mitbegründer und seit über zwanzig Jahren Vereinsvorsitzender der Karate-Schule OTOMO, leitet Workshops, schreibt Kolumnen und ist ambitionierter Bogenschütze. Seinen Lebensmittelpunkt hat er vor  sieben Jahren nach Dresden verlegt. Dort lebt er mit seiner Lebensgefährtin und Sohn Hannes und pendelt so oft zwischen Zittau und der sächsichen Landeshauptstadt.

Vor 25 Jahren begann der Weg zur Einheit. Wir stellen Personen vor, die beteiligt waren. Heute: Thomas Hönel
Von Grit Lobstein

Dieser Artikel erschien am 19.08.2014 in der Lokalausgabe der Sächsischen Zeitung Zittau.